GRID Lucerne nimmt das Geschlechter-Ungleichgewicht in der Tech-Branche ins Visier
Die Technologiebranche in der Zentralschweiz hat ein deutliches Ungleichgewicht, was die Geschlechterverteilung betrifft. GRID Lucerne hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Missstand anzugehen und mehr Frauen für technologie-affine Berufe zu begeistern.
Als wichtigen Schritt in diese Richtung hat GRID Lucerne Andrea Elmer, Mitglied der Geschäftsleitung von PEAX und mich eingeladen, unsere Erfahrungen und Perspektiven zu teilen. Dies bot die Gelegenheit, tiefere Einblicke in die Herausforderungen und Chancen für Frauen in der IT-Branche zu geben.
Inhaltsverzeichnis:
Warum ich mich nie benachteiligt fühlte?
Warum Frauen in der Technologie-Branche unterrepräsentiert sind?
Ansätze zur Gewinnung von Frauen in Technologie-Unternehmen
Männer in der sich wandelnden Arbeitswelt
Ein Aufruf an die Gemeinschaft
Warum ich mich nie benachteiligt fühlte: Ein Blick in meine Vergangenheit
Als ich mich intensiver mit dem Thema "Frauen in der Arbeitswelt" auseinandersetzte, wurde mir bewusst, dass meine Perspektive in vielerlei Hinsicht einzigartig ist. Es sind drei entscheidende Faktoren, die meine Wahrnehmung und Erfahrungen in der Arbeitswelt geprägt haben:
Männer-dominierte Umgebungen: Schon von Kindesbeinen an war ich in einem männerdominierten Umfeld aufgewachsen, das sich auch in meinen beruflichen Stationen fortsetzte. Sei es als Marketing Leiterin beim FC Luzern im Fussballbereich oder bei Leuchter IT Solutions in der IT-Branche - ich bewegte mich stets in Bereichen, in denen Männer traditionell dominieren. Diese Erfahrungen schulten meine Durchsetzungsfähigkeit und gaben mir das Rüstzeug, auch in einer männlich geprägten Welt erfolgreich zu sein.
Die DDR und ihre progressiven Frauenrechte: Ich bin in der ehemaligen DDR aufgewachsen, einem Land, das bereits früh die Gleichberechtigung der Geschlechter in der Verfassung verankerte. Staatlich geförderte Kindertagesstätten, das "Babyjahr", der obligatorische Frauen-Ruheraum oder der "Haushaltstag", der Frauen einmal im Monat zustand, sind nur einige Beispiele für die progressiven Ansätze der DDR in Bezug auf Frauenrechte. Diese Massnahmen gingen über blosse Unterstützung hinaus und etablierten das Bild von Frauen als gleichberechtigte und autonome Mitglieder der Gesellschaft. Als Vorbilder dienten mir meine Mutter, die als Lokführerin im Tagebau in der Lausitz im Schichtdienst arbeitete, und meine Grossmutter, beschäftigt in der lokalen Kartoffel-Schälanlage. Meine frühe Bildung begann bereits mit sieben Monaten in der Kinderkrippe von Wittichenau, von Montag bis Freitag – eine Erfahrung, die ich rückblickend als positiv bewerte.
Eigene Resilienz und Durchsetzungsvermögen: Meine eigene Mentalität und mein Glaube an meine Fähigkeiten ermöglichten es mir, mich nicht von den traditionellen Geschlechterrollen oder Stereotypen einschränken zu lassen. Meine Karrierebewegungen und mein Erfolg in männerdominierten Bereichen sind ein Zeugnis für meine Entschlossenheit und mein Selbstvertrauen.
Ich möchte Frauen ermutigen, an ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten zu glauben und darauf zu vertrauen.
Warum Frauen in der Technologie-Branche unterrepräsentiert sind?
Die Technologiebranche, insbesondere die IT, bleibt eine von Männern dominierte Welt. Dies geht zurück auf die 1980er Jahre, als Computer hauptsächlich als Spielzeuge für Jungen beworben wurden. Ein kulturelles Stigma, das sich bis heute hält. Die Zahlen sprechen für sich: Während 75-85% der Bachelor-Abschlüsse in der Medizin von Frauen erworben werden, sind es in der IT nur 5-13%.
Die IT-Branche steht vor zahlreichen Herausforderungen, wenn es um Gleichberechtigung geht. Von Stereotypisierung über Lohndiskriminierung bis hin zu Microaggressionen gibt es viele Hürden zu überwinden. Ein besonders augenfälliges Problem ist der Mangel an weiblichen Vorbildern und Mentoren.
Ansätze zur Gewinnung von Frauen in Technologie-Unternehmen
In der heutigen Zeit ist es für Unternehmen unerlässlich, die richtigen Strategien zu entwickeln, um Frauen in technologie-affinen Bereichen zu fördern und von sich zu überzeugen. Ein moderner und ganzheitlicher Ansatz umfasst dabei insbesondere die folgenden vier Säulen:
1. Work-Life-Balance Initiativen:
Ein zunehmend wichtiger Aspekt für die Mitarbeiterzufriedenheit ist die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. In technologie-affinen Branchen, in denen der Arbeitsdruck oft hoch ist, können solche Angebote den entscheidenden Unterschied ausmachen, um Talente langfristig an das Unternehmen zu binden. Hier einige innovative Initiativen, die Unternehmen implementieren können:
Hausreinigungs-Service: Ein Angebot, das Mitarbeiterinnen entlastet und ihnen mehr Freizeit ermöglicht, indem ihre Wohnräume regelmässig gereinigt werden.
Wäschereidienstleistungen: Durch die Bereitstellung von Wäschereidiensten können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Kleidung bequem im Büro abgeben und abholen, was Zeit und Stress spart.
Lebensmittel-Lieferdienste: Durch Vereinbarungen mit lokalen Lebensmittelgeschäften oder Lieferdiensten können Mitarbeiterinnen ihre Einkaufsliste abgeben und erhalten ihre Lebensmittel direkt an ihren Arbeitsplatz geliefert.
Zubereitung von Mahlzeiten: Ein internes oder externes Catering-Angebot sorgt dafür, dass Mitarbeiterinnen gesunde und schmackhafte Mahlzeiten direkt im Büro geniessen können, was wiederum die Pausenzeiten effizienter gestaltet.
Betreuungsdienste für Angehörige (in Zusammenarbeit mit Spitex o.ä.): Durch die Bereitstellung von Betreuungsdiensten können Mitarbeiterinnen sicher sein, dass ihre Angehörigen gut versorgt sind, während sie arbeiten. Es ist wichtig, dass wir nicht vergessen, dass Frauen sich nicht nur um ihre Kinder, sondern auch um ihre älteren Familienmitglieder kümmern müssen.
Fahrdienste für Kinder oder Angehörige: Ein Shuttle-Service, der Kinder von der Schule oder dem Kindergarten abholt und nach Hause oder zu nachmittäglichen Aktivitäten bringt, entlastet berufstätige Eltern erheblich.
2. Persönliche Unterstützung:
Die Schaffung eines unterstützenden und inklusiven Arbeitsumfelds ist entscheidend. Dies kann durch Mentorinnen-Programme, Netzwerk-Events für Frauen und regelmässige Check-ins erreicht werden. Indem man sicherstellt, dass jede Frau im Unternehmen eine Stimme hat und sich sicher fühlt, ihre Meinung zu äussern, wird eine vertrauensvolle und stärkende Atmosphäre geschaffen.
3. Mentale Gesundheit und Wellness:
Unternehmen sollten den Fokus auf die mentale Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen legen. Dies kann durch Angebote wie flexible Arbeitszeiten, Angebote zur Stressbewältigung, meditative Pausen und Programme zur Förderung des physischen Wohlbefindens realisiert werden. Es ist wichtig zu erkennen, dass Wohlbefinden und Produktivität Hand in Hand gehen.
4. Professionelle Karriereentwicklung:
Frauen brauchen klare Wege und Möglichkeiten zur professionellen Weiterentwicklung. Fortbildungsangebote, Workshops, Konferenzen und Chancen auf Beförderungen sollten aktiv kommuniziert und gleichermassen für alle Geschlechter angeboten werden. Das Vorhandensein von weiblichen Führungskräften kann zudem als Inspiration dienen und den Weg für zukünftige weibliche Leader ebnen.
Durch die Integration dieser Säulen in ihre Unternehmensstrategie können Unternehmen nicht nur mehr Frauen anziehen, sondern auch dafür sorgen, dass sie sich langfristig im Unternehmen engagieren und weiterentwickeln.
Männer in der sich wandelnden Arbeitswelt
Es ist wichtig zu betonen, dass mit dem verstärkten Eintritt von Frauen in die Arbeitswelt und insbesondere in Führungspositionen auch Männer vor neuen Herausforderungen stehen, vor allem in einer Kultur wie der schweizerischen, die traditionell hohe Erwartungen an die Rolle des Mannes stellt. Dieser Wandel kann zu Unsicherheiten führen, insbesondere wenn Männer das Gefühl haben, dass ihre bisherige Rolle in Frage gestellt wird oder dass sie ihre Position verteidigen müssen. Oftmals sind sie mit Stereotypen konfrontiert, die ihnen wenig Raum für emotionale Ausdrücke oder das Eingeständnis von Schwächen lassen. Zusätzlich kann der Druck, als Haupternährer der Familie zu fungieren, weiterhin bestehen, auch wenn Frauen vermehrt finanzielle Verantwortung übernehmen. Es ist von zentraler Bedeutung, dass beide Geschlechter sich gegenseitig unterstützen, Vorurteile abbauen und gemeinsam an einem harmonischen Miteinander in der modernen Arbeitswelt arbeiten. Männer verdienen genauso wie Frauen Verständnis und Unterstützung in dieser Zeit des Wandels.
Es ist nicht abzustreiten: Wir brauchen eine Kultur des Wandels. Dabei sind Organisationen wie GRID Lucerne entscheidend, die sich aktiv für die Förderung von Inklusion in der Technologie einsetzen.
Ein Aufruf an die Gemeinschaft
Es ist an der Zeit, gemeinsam für eine inklusivere Tech-Branche in der Zentralschweiz zu kämpfen. Lasst uns die Worte in Taten umsetzen und gemeinsam die Zukunft gestalten.
Ich danke GRID Lucerne für diese Plattform und freue mich auf viele weitere Schritte in die richtige Richtung.